Geschichte
Die historischen Ereignisse der Jahre 1801 bis 1811
Seit September 1801 war Leimersheim offiziell französisch und gehörte zum Département du
Mont-Tonnere, Arrondissements Speyer, Kanton Germersheim und war somit der
südöstlichste Zipfel dieses Départements. Für Leimersheim galt somit die französische
Außenhandelsgesetzgebung, die Schmuggel (contrebande), d.h. die illegale Aus- und Einfuhr
und der Verkauf von Waren, als Staatsbetrug unter Strafe stellte.
Der Leimersheimer Zollposten an der "Fahr" (Fähre) gehörte zum Zollamtsgebiet Jockgrim,
dem Claude-Pierre Bourgeois vorstand. Seit 1810 verstärkten die französischen Behörden
ihre Bemühungen, den Schmuggel entlang des Rheines und an den Staatsgrenzen
einzudämmen. Bourgeois zeigte dabei besonderen Eifer und wollte das Treiben der
Einheimischen in den Rheingemeinden Leimersheim und Neupotz mit allen Mitteln beenden,
verstärkte dazu die Zollwachen in Leimersheim. Die Schmuggler ließen sich davon aber nicht
einschüchtern.
Anfang November 1811 erhielt Bourgeois eine geheime Information: in Leimersheim sei eine
große Menge Schmuggelware, Leinsamen, eingetroffen. Er ließ darauf hin die Wachen
nochmals verstärken und in der Nacht vom 14. auf den 15. November waren fünf oder sechs
Zöllner auf dem Rhein "in einem flachen Boot mit geringem Tiefgang" (so im Bericht des
Claude-Pierre Bourgeois), um die Schmuggler auf frischer Tat zu ertappen. Als die
französischen Zöllner die am badischen Ufer (also im Ausland!) angekommenen Schmuggler
am Ausladen ihrer Waren hindern wollten, wurden sie vom Damm aus beschossen. Der
Zöllner Peter Hollander starb, zwei seiner Kollegen wurden schwer verwundet. Die Zöllner
traten den Rückzug an, ließen aber die Leiche Hollanders zurück. Die Verwundeten wurden
in Leimersheim vom französischen Militärarzt versorgt, später in ein französiches
Krankenhaus gebracht. Peter Hollanders Leiche wurde vom Linkenheimer Schultheiss und
dem dortigen Pfarrer gefunden, nach Linkenheim verbracht, wo Hollander bereits am darauffolgenden Sonntag mit Genehmigung des Herzogtums Baden bestattet wurde.
In Leimersheim hatte inzwischen Friedensrichter Jean-Louis Müller aus Candel (Kandel) die
Ermittlungen aufgenommen. Der Verdacht fiel auf fünf junge Dorfbewohner, die erst am
Vormittag des 15.11. nach Leimersheim
zurückkamen; diese beteuerten aber ihre
Unschuld. Sie wurden trotzdem verhaftet
und blieben im Leimersheimer Gefängnis
inhaftiert. Erst eine Woche später, am
23.11., gestand Jean Ziemer den
Schmuggel des Leinsamens und die
Existenz einer Schmugglervereinigung
von elf, vormals zwölf, jungen Männern.

"Wachthäuschen" –
ehemaliges Gefängnis von Leimersheim
Schmugglerkreuz auf dem Friedhof von Leimersheim
Diese hatten bereits seit 1801 regen Schmuggel
betrieben und als Bestärkung ihres Geheimbundes ein
Kreuz aus Sandstein auf dem Leimersheimer Friedhof
errichten lassen, das der Ortsgeistliche weihte. Dieser
war wohl einer der wenigen Eingeweihten, viele ahnten von der Einnahmequelle der Dorfbewohner.
Die französischen Behörden inhaftierten alle
Mitglieder der Bande und brachten sie am frühen
Morgen des 27.11.1811 aus Leimersheim weg: unter
Anteilnahme des ganzen Dorfes sollen die zwölf
Männer, an einem Seil zusammengebunden, zu Fuß
aus dem Dorf abgeführt worden sein. Über Jockgrim
und Lauterburg wurden sie nach einer Station in Seltz
ins Gefängnis nach Straßburg gebracht.
In Folge der Haft und der schlechten Bedingungen starben zwei Schmuggler im Straßburger
Gefängnis, der mutmaßliche Anführer der Schmuggler, Jean Ziemer, wurde wegen Mordes zum Tode verurteilt und am 20. Oktober 1812 in Straßburg durch die Guillotine hingerichtet.
Er schwieg bis zuletzt, wer den Schuss auf Peter Hollander abgegeben hatte. Auch die
Drohungen, dass ihm diese Tat nunmehr zur Last gelegt werde, brachten ihn nicht dazu,
einen der Kameraden zu verraten.
In roter Schrift steht auf der letzten Seite der Prozessakten, ebenso theatralisch wie geheimnisvoll: "Mort pour tous les braves"
("gestorben für alle Helden").
Die überlebenden Schmuggler kehrten erst nach dem Einmarsch
deutscher Truppen in Straßburg, im Jahre 1814, nach Leimersheim
zurück.
Zeuge dieser Ereignisse ist immer noch das Sandsteinkreuz, das in den
1950er Jahren an seinen heutigen Platz auf dem Friedhof von
Leimersheim, versetzt worden war.